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Kluger Hund? Sehr kluger Hund!

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Was Hundebesitzer längst wissen – mindestens, was ihren eigenen Vierbeiner angeht -, ist mittlerweile durch die Forschung bestätigt: Hunde sind intelligent. Gegen sie sehen in mancherlei Hinsicht sogar unsere nächsten tierischen Verwandten, die Menschenaffen, alt aus. Allerdings ist Hund nicht gleich Hund, wenn es um die Leistungfähigkeit der grauen Zellen geht, wie bei uns so gibt es auch bei unserem besten Freund Intelligenzbestien und Schmalspurdenker. Wie Wissenschaftler die Intelligenz der Canidae erforschen, welche Rassen in einer PISA-Studie gut und welche schlecht abschneiden würden, und wer der Mr. oder die Ms. Schlaumeier unter den Pfötli-Hunden ist.   

In einem Beitrag hat sich kürzlich das SF1-Wissensmagazin Einstein der Frage gewidmet, wie lernfähig Hunde eigentlich sind. Ein Thema, mit dem sich u.a. auch das Clever Dog Lab (CDL) befasst, ein zur Abteilung für Kognitionsbiologie der Universität Wien gehörender, wissenschaftlicher Verein. Ihm hat Einstein einen Besuch abgestattet und Dr. Corsin Müller bei einigen Experimenten beobachtet, mit denen er u.a. herausfinden will, ob und wie weit Hunde in der Lage sind, kausale Zusammenhänge zu verstehen, also die Beziehung zwischen einer Ursache und einer Wirkung. Ziemlich gut darin ist Border Collie Hündin Xela. Sie gehört zu den Computer Freaks unter den CDL-Studienteilnehmern. Denn sie hat gelernt, dass sie einen Keks bekommt (Wirkung), wenn sie auf einem Touchscreen ein immer wieder an einer anderen Stelle auftauchendes, farbiges Feld mit der Nase berührt (Ursache). Sowas hat ein Border natürlich in Schallgeschwindigkeit geschnallt. Deswegen setzten die Verhaltensforscher noch eins drauf: Xela musste den Unterschied zwischen Unterwasserfoto unf Gemälde lernen, um an den Keks zu kommen …

165 Wörter versteht der durchschnittlich intelligente Hund. Überdurchschnittlich klug war mit Sicherheit Rico, ebenfalls ein Border Collie und 1999 der Star einer “Wetten, dass …” Sendung. Er war in der Lage, 77 Spielzeugen ihre Bezeichnung zuzuordnen und nur auf ein verbales Kommando hin das Gewünschte aus einer Menge von Gegenständen auszuwählen. Insgesamt hat Rico 250 Wörter unterscheiden können, was ihn nicht nur zum Star der Samstagabend-Unterhaltung gemacht hat, sondern auch zum wissenschaftlichen Untersuchungsobjekt des Max Planck-Instituts, Abteilung evolutionäre Anthropologie.

Einstein ist ein Mädchen

2008 verabschiedete sich Rico in den Hundehimmel, so dass er nicht mehr miterleben musste, wie diese Hündin ihm in Sachen Wortschatz locker den Rang ablief:

Chaser, ein Border Colliemädchen aus South Carolina, kennt sage und schreibe 1022 Begriffe und verfügt damit über den grössten Wortschatz im weltweiten Reich der Hunde. Sie gehört John W. Pilley, einem pensionierten Psychologieprofessor, der die Hündin während drei Jahren vier bis fünf Stunden täglich trainierte, bis sie nicht nur all ihre Spielzeuge (siehe unten) per Namen unterscheiden und auf Zuruf bringen konnte.

Sondern auch drei verschiedene Verben als Kommando für eine jeweils andere “Behandlung” der Spielsachen beherrschte: find (finden, bringen), paw (mit der Pfote bewegen oder berühren), nose (mit der Nase bewegen oder berühren). Chaser kann sogar einen Gegenstand identifizieren, den sie noch nie gesehen, und dessen Bezeichnung sie noch nie gehört hat. Das gelingt ihr mittels Ausschlussverfahren, sie weiss, dass mit dem unbekannten Begriff keiner der ihr vertrauten Gegenstände gemeint sein kann, denn deren Bezeichnung kennt sie ja alle kennt. Also sind alle bekannten Objekte ausgeschlossen, und sie bringt das Ding, das ihr nicht vertraut ist.

Pilley hat übrigens eine Erklärung dafür, warum vor allem Border Collies zu diesen ausserordentlichen kognitiven Leistungen fähig sind. Borders müssen für ihren “Job” in der Lage sein, sich einerseits (optisch) auf die Schafe und gleichzeitig auf die akustisch vermittelten Anweisungen des Schäfers zu konzentrieren. Hunde, die diese Aufmerksamkeit für akustische Signale nicht mitbrachten, seien nicht für die Zucht eingesetzt worden. Im Genpool blieben im Lauf der Jahrhunderte also nur die “Streber” mit einer schnellen Auffassungsgabe für Sprache, die sogar diejenige der Menschenaffen bei weitem übertreffen soll.

Intelligenz ist undemokratisch

Stanley Coren, Psychologieprofessor und Forscher auf dem Gebiet der Neuropsychologie an der University of British Columbia im kanadischen Vancouver, vergleicht die geistigen Fähigkeiten von Hunden sogar mit denen eines menschlichen Kindes im Alter zwischen zwei und zweieinhalb Jahren. Oder anders ausgedrückt: Sie seien schlauer als Katzen, aber nicht so klug wie Delfine. Die Intelligenz variiere allerdings von Tier zu Tier, wobei auch die Rasse eine entscheidende Rolle spiele. Anhand eines Tests hat Coren ein Intelligenz-Ranking der verschiedenen Rassen erstellt. Wobei er drei Arten von Intelligenz unterschiedet: den Instinkt (das angeborene Verhalten), die adaptive Intelligenz (die Fähigkeit, selbständig von der Umwelt zu lernen und Probleme zu lösen) sowie den Gehorsam (oder auch Arbeitsintelligenz). Und auf letzteren bezieht sich die Rangliste. Getestet wurde einerseits, wieviele Wiederholungen bei Vertretern eine bestimmten Rasse nötig waren, bis sie ein neues Kommando verstanden hatten. Und andererseits, in wieviel Prozent der Fälle der Hund ein ihm bekanntes Kommando beim ersten Mal korrekt ausgeführt hat. Das Ergebnis: Border Collies sind die Nummer eins in der Intelligenz-Rangliste, Pudel liegen auf dem zweiten Platz, was Cohen mit „Man sollte sich also nicht von ihren dämlichen Frisuren täuschen lassen“, kommentiert. Auf den weiteren Rängen folgen Deutscher Schäferhund, Golden Retriever und Dobermann. Dass u.a. Beagle, Pekinese und der Afghanische Windhund die Schlusslichter der Rangliste bilden, sollte deren Besitzer nicht allzu sehr irritieren. Schliesslich ist wissenschaftliche Erkenntnis auch nichts anderes als der aktuelle Stand des Irrtums!

Aber noch einmal kurz zurück zur Intelligenzbestie Chaser.

Der amerikanische Sender ABC hat im Februar ein kleines Porträt mit und über Chaser ausgetrahlt, durch das man auch ohne flächendeckende Englisch-Kenntnisse einen guten Eindruck davon bekommt, was dieser Hund im Oberstübchen hat. Vermutlich aus rechtlichen Gründen kann ich den Beitrag nicht einbetten, aber dieser Link führt auch zum Film: Chaser auf ABC.

Was die meisten Beiträge über diesen angeblich “klügsten Hund der Welt” allerdings verschweigen: er dürfte gleichzeitig auch so ziemlich der anstrengendste Hund der Welt sein. Einer Zeitung vertraute Herrchen John jedenfalls an, dass er sich mit seinen 82 Jahren manchmal ins Bett retten müsse, hier sei er vor Chasers Workoholismus sicher, denn das Schlafzimmer sei für sie tabu.

Ein kleines Lernstück

Wer übrigens mal seinen eigenen Hund beim Lernen aus nächster Nähe beobachten will, da gibt es eine ganz einfache Übung, die ich aus einem Hundekurs mitgebracht und an so gut wie allen Pfötli-Hunden ausprobiert habe. Man kniet, hockt oder sitzt auf dem Boden, in circa Armdistanz vis-à-vis von seinem Hund, in die eine Hand nimmt man ein paar Kekse, die andere bleibt leer. Jetzt ballt man beide Hände zur Faust und streckt sie dem Hund zunächst so entgegen, dass zwischen den beiden Fäusten ein Abstand von etwa 20  Zentimetern besteht. Die Idee der Übung: der Hund soll herausfinden, dass er erst die leere Faust anstupsen muss, damit die rechte einen Keks “auswirft”. Natürlich wird er sich aber erst einmal auf die ”Futter-Faust” konzentrieren, sie beschnüffeln, beknabbern und – je nach Frustrationstoleranz – bald mal taub bellen und mit der Pfote verhauen. Gelassenere Semester sowie die Streberfraktion bieten erst mal das ganze Repertoire an Erlerntem an, für das sie jemals einen Keks bekommen haben. Um dem Probanden auf die Sprünge zu helfen, bewegt man die leere Faust ein wenig, das wird dafür sorgen, dass der Hund auf sie aufmerksam wird, sich ihr zuwendet und sie beschnüffelt. Jetzt kommt der für die erfolgreiche kausale Verknüpfung (oder auch Konditionierung) entscheidende Moment: In dem Augenblick, in dem er die leere Faust mit der Nase das erste Mal anstupst, gibt die andere umgehend einen Keks raus. Diese Hilfestellung mit der sich bewegenden Faust muss man vielleicht noch ein zweites, maximal ein drittes Mal wiederholen, dann hats der Hund begriffen, so er denn konzentriert bei der Sache ist. Wofür aber in der Regel die Kekse sorgen.

Es ist superfaszinierend, wie man dem Vierbeiner förmlich ansehen kann, dass da gerade in seinem Hirn eine “Wenn ….., dann”-Verknüpfung entsteht, er nach dem für ihn eher zufälligen Treffer die Handlung zögerlich, noch ein wenig unsicher wiederholt, dann aber binnen kürzester Zeit ganz selbstverständlich den Kopf zwischen den beiden Fäusten hin- und herpendeln lässt und dabei Kekse kassiert. Und einmal kapiert, hat ein Hund diese Lösung im Repertoire abrufbereit, auch nach einer wochenlangen Übungspause und wenn man ihn nachts um zwei Uhr weckt.

Unser Smartie

Die Pfötlianer haben sich selbstverständlich alle auf das Cleverste angestellt, was diese Übung angeht, und in Nullkommaplötzlich die Lösung geschnallt. Es gab allerdings einen Hund, der noch ein bisschen nullkommaplötzlicher von Begriff war, und bereits nach der zweiten Wiederholung der einmal erfolgreich absolvierten Übung anfing, dem Gras höchst interessiert beim Sich-im-Wind-wiegen zuzusehen, um dann bis ins Mark gelangweilt davonzutrotten.


Chico. Ein Border Collie-Mix.




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